Geschichten zum Ort
von Anna der Sportlichen und Klaus I.
(Anna und Klaus Meyer)
Weg vom alltäglichen Trubel geniessen wir einen beruhigten Blick hinüber zum Pilatus mit seinen Ausläufern, unten die Dächer von Meisterswil und hinten am Lindenberg das Dorf Dietwil. Ebenso eindrücklich ist das Zwitschern der Vögel aus dem magischen Lohwald.
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Wer hätte gedacht, dass das einfache Waldsträsschen, das sich steil gegen die Limihütte hinunterschlängelt, vor dreihundert Jahren eine nicht unbedeutende Verbindungsstrasse zwischen Zürich und Luzern war? Vielleicht sind einige von uns, ohne es zu wissen, auf dieser alten Landstrasse hierhergekommen.
Auf dieser Strasse bewegten sich einst Händler, Fuhrleute mit ihren dampfenden Pferden – aber sicher auch Wallfahrer von und nach St. Wolfgang. Ihr Weg führte von Berchtwil hierher, weiter über den Talacher, Ueli, Neubösch, via Houele beim Schulhaus Ehret vorbei, streifte unterhalb des Degen das Dörflein Hünenberg und führte via Wart nach St. Wolfgang. Mag sein, dass so mancher Wanderer hier beim Ausgang des Lohwaldes innehielt, um auszuruhen und zu verschnaufen.
Wie wir alle wissen, haben in Meisterswil zwei innovative Familien je eine Gaststätte eingerichtet: die bereits erwähnte Limihütte der Familie Limacher und Jürg und Rima Odermatts Beizlein. Doch was vermutlich kaum jemand mehr weiss: Im grossen Bauernhof Odermatt gab es schon im letzten Jahrhundert eine Art Beiz. Während des Baus der Eisenbahnbrücke der sogenannten Südbahn im Jahre 1881 fanden die Arbeiter dort ihre Verpflegung. Meisterswil war also seit jeher ein gastfreundlicher Ort.
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Übrigens: Ein zweites Strässchen biegt mitten im Wald von der Landstrasse nach Süden ab, steigt leicht an und verlässt beim Kapellchen St. Jost den Lohwald. Eine alte Erzählung berichtet, dort habe sich einst eine Richtstätte der Hünenberger Ritter befunden – nachprüfbar ist das nicht. Aber auch von dort geniesst man einen überwältigenden Blick in die Alpen.
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Jaaa – im mystischen Lohwald, so erzählt eine Sage, hauste ein schlimmer Geselle: das Lohmännlein. Und ab heute ist es auf der neuen Zunftbank noch bequemer, seine Sage kennenzulernen. Wollt ihr sie lesen?
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Das böse Lohmännlein
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Der Lohwald galt seit jeher als Geisterwald, in dem es spukte. Verwunderlich ist das nicht, soll doch am Waldrand eine Richtstätte gelegen haben, wo manch einer durch den Richterspruch der Ritter von Hünenberg mit dem Galgen Bekanntschaft machte. Bei diesem Gedanken läuft es einem kalt den Rücken hinunter – bedenkt man doch, dass an solchen Orten oft Geister zurückbleiben.
Einer dieser Geister soll das Lohmännlein gewesen sein: ein giftiger, bösartiger Zwerg. Wehe dem, der sich bei Dunkelheit noch im Lohwald aufhielt!
Spätheimkehrer nach Meisterswil oder zum Bochslerhof wussten zu berichten, dass sie urplötzlich von hinten angesprungen, an den Haaren gerissen und mit einem Stock geschlagen wurden – ein wahres Grauen.
Fand das Lohmännlein keine Opfer, suchte es die Gehöfte der Umgebung heim – im Chrügeli, im Bohli, im Bickel, im Grüt oder in der Burg. Dort soll es Fenster eingestossen und mit heiserem Gekicher das Küchengeschirr zerschlagen haben.
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Den Bauern wurde dieses Treiben zu viel. Sie beschlossen, den Lohwald zu umstellen, bewaffnet mit Sensen und Heugabeln. Auf Kommando durchkämmten sie das Gehölz bis zur Waldesmitte. Doch der Bösewicht blieb ruhig – und da er sich unsichtbar machen konnte, war ihre Mühe vergebens.
Erst als die Weinrebenkapelle erbaut wurde und abends jeweils das Betzeitglöcklein erklang, verschwand der gottlose Kobold – und wurde nie mehr gesehen.





